Unwirksame Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf Mietende
Nach dem Gesetz ist die Instandsetzung der Mieträume (und damit auch die Durchführung von Schönheitsreparaturen) Hauptleistungspflicht der Vermietenden. Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB sind sie verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Die Übertragung von Hauptleistungspflichten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), wie in Mietverträgen, ist eigentlich nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht möglich. Für Schönheitsreparaturen soll dies in engen Grenzen aber möglich sein. Häufig kommt es deshalb nach Beendigung des Mietverhältnisses zum Streit darüber, ob die jeweilige Schönheitsreparaturklausel wirksam ist, und damit, ob und in welchem Umfang Mietende die Schönheitsreparaturen tatsächlich durchführen müssen. Wann liegt also eine unwirksame Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf Mietende vor? Zu dieser Frage hat das Amtsgericht (AG) Hamburg entschieden.
Der Ausgangsstreit – Vermieterin behält für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen Teile der Kaution ein
Die Parteien waren seit dem 01.04.2020 über einen Mietvertrag für eine Wohnung miteinander verbunden. Nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 01.02.2024 behielt die Vermieterin einen Teil der Kaution ein. Sie berief sich auf nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen sowie auf noch ausstehende Betriebskostenabrechnungen. Daraufhin verlangte der Mieter die Rückzahlung auch dieses Kautionsbetrages und setzte der Vermieterin eine Zahlungsfrist bis zum 05.04.2024. Die Malerarbeiten sowie die Reinigung der Fußböden seien nicht geschuldet, da die mietvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf ihn durch AGB unwirksam sei. Auch der Einbehalt wegen der Betriebskostenabrechnung sei nicht zulässig. Der Mieter erhob schließlich Klage auf Rückzahlung der Kaution.
Die Entscheidung – Wann liegt eine unwirksame Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf Mietende durch AGB vor?
Die Klage hat Erfolg, sie ist zulässig und begründet, so das AG Hamburg. Der Rückzahlungsanspruch des Mieters hinsichtlich der einbehaltenen Kaution folge aus § 551 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag. Mit Beendigung des Mietverhältnisses entfalle der vereinbarte Sicherungszweck der Kaution.
Ein aufrechenbarer Anspruch hinsichtlich der Malerarbeiten an den Versorgungsleitungen bestehe nicht, da diese vom Mieter nicht geschuldet gewesen seien. Die mietvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen sei vorliegend unwirksam. Dies ergebe sich bereits aus § 10.1 des Mietvertrags, wonach die Vermieterin von sämtlichen Schönheitsreparaturen, auch solchen infolge von Instandsetzung und Modernisierung, freigestellt werde. Die Unwirksamkeit derartiger Freizeichnungsklauseln entspreche laut AG Hamburg der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Zudem bestehe Unwirksamkeit aus § 10.2 des Vertrags. Die Klausel überschreite den zulässigen Umfang der in § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. Berechnungsverordnung (II. BV) definierten Schönheitsreparaturen. Diese Vorschrift bilde den Maßstab der Klauselkontrolle und markiere die Grenze dessen, was Mietenden auferlegt werden dürfe. Eine Erweiterung dieses Katalogs durch AGB stelle eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB dar und sei deshalb unwirksam. Nach Ansicht des AG Hamburg verstoße schon eine geringfügige Überschreitung gegen das Übermaßverbot.
Verpflichtung zum vollständigen Anstrich sämtlicher Versorgungsleitungen ist unwirksam
Die Verpflichtung des Mieters zum vollständigen Anstrich sämtlicher Versorgungsleitungen in der Wohnung sei daher unzulässig. Ferner sei die Klausel auch deshalb unwirksam, weil sich aus ihr nicht hinreichend deutlich ergebe, dass Fenster nur von innen zu streichen seien. Die Formulierung „Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von Innen“ stelle nicht eindeutig klar, dass sich das „von innen“ auch auf die Fenster beziehe.
Verpflichtung zur Grundreinigung in Schönheitsreparaturklausel ist ebenfalls unwirksam
Auch die Verpflichtung zur Pflege und Reinigung der Fußböden führe zur Unwirksamkeit der Klausel. Denn dabei handele es sich laut AG Hamburg nicht um Schönheitsreparaturen. Es sei wenig hygienisch, die Fußböden nur alle acht Jahre in den Wohnräumen bzw. alle fünf Jahre in Küche und Bad zu reinigen. Eine derartige laufende Reinigungspflicht sei hier erkennbar nicht gemeint. Die Regelung sei daher als Verpflichtung zur Grundreinigung auszulegen. Diese sei unvereinbar mit § 538 BGB und führe zur Unwirksamkeit. Der Mieter würde nach der (gebotenen) kundenfeindlichsten Auslegung zu Reinigungsmaßnahmen verpflichtet, die über die übliche besenreine Rückgabe hinausgehen. Mangels Kompensation sei er damit dem Risiko von Schadensersatzansprüchen ausgesetzt, was § 538 BGB gerade ausschließe.
Fristen zur Durchführung von Schönheitsreparaturen und unwirksames Anerkenntnis
Unabhängig davon seien die Schönheitsreparaturen nach den üblichen Renovierungsfristen auch noch nicht fällig gewesen, da das Mietverhältnis deutlich kürzer als fünf Jahre gedauert habe. Für die Beurteilung der Fälligkeit komme es nicht auf den leeren, sondern auf den bewohnten Zustand der Wohnung an. Maßgeblich sei, ob bei Fortdauer des Mietverhältnisses eine Renovierung laufend erforderlich gewesen wäre, so das AG Hamburg. Auch das Anerkenntnis des Mieters bei Rückgabe Malerarbeiten durchführen zu wollen, bleibe ohne rechtliche Wirkung. Denn die mietvertragliche Abwälzung sei bereits unwirksam gewesen. Es gehe nicht um eine neue Individualvereinbarung, sondern um die ursprüngliche Renovierungsregelung.
Schließlich sei auch der Einbehalt wegen möglicher Nachforderungen aus den Betriebskosten unzulässig. Nach § 560 Abs. 4 BGB dürfen Vorauszahlungen nur auf Grundlage einer tatsächlichen Berechnung angepasst werden. Ein pauschaler Sicherheitszuschlag sei nicht rechtmäßig, so das AG Hamburg. Kosten, die materiell fehlerhaft auf Mietende umgelegt wurden, weil es an einer vertraglichen Vereinbarung fehlt, könnten eine Erhöhung nicht rechtfertigen. Vorliegend hätte selbst eine formell wirksame Abrechnung nur einen Einbehalt von 8,00 € gerechtfertigt. Einem solchen stehe jedoch entgegen, dass die Betriebskostenabrechnung 2023 in erheblichem Umfang formell unwirksam war, da verschiedene Kostenarten vermischt, unbestimmte Begriffe verwendet und unzulässige Abkürzungen benutzt worden seien.
Praxistipp – Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln umstritten
Mietende wie Vermietende sollten sich bei Unsicherheiten oder Streit über die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln unbedingt rechtsanwaltlich beraten lassen. Gerade in Bezug darauf, welche Arbeiten und in welchem Umfang diese auf Mietende abgewälzt werden dürfen, herrscht viel Streit und auch uneinheitliche Entscheidungen von Gerichten. Auch die vorliegende Entscheidung des AG Hamburg ist mit Vorsicht zu genießen. So entspricht die als unwirksam, da zu unbestimmt angesehene Formulierung „Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von Innen“ exakt der Formulierung der II. BV. Von anderen Gerichten wurde diese daher auch als wirksam bewertet.
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- Einen Überblick über das Thema Schönheitsreparaturen liefert dieser Beitrag.
- Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Fälle unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln zusammen.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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