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Vortrag zur gesundheitlichen Härte erfordert kein fachärztliches Attest

  • Helena Winker-Wälde
  • Mieten Beiträge, Wohnraummietrecht Beiträge
Urteil // Bundesgerichtshof // VIII ZR 270/22

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 16.04.2025, VIII ZR 270/22, entschieden, dass der bereits hinreichend substantiierte Sachvortrag des Mieters zu einer gesundheitlichen Härte im Sinne von § 574 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht stets durch ein (ausführliches) fachärztliches Attest bekräftigt werden muss.

Härtefall im Sinne von § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB

Für Mieter, die sich einer ordentlichen Kündigung ihres Mietverhältnisses ausgesetzt sehen, kann der mögliche Verlust der Wohnung schwerwiegende Folgen haben. Die Wohnung bedeutet für viele Menschen einen geschützten Raum, in welchem sie sich zurückziehen können und sich geschützt fühlen. Diese vertraute Umgebung kann für manche Mieter schlichtweg zum Leben existenziell ist.

Daher sieht das Gesetz vor, dass nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB der Mieter der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dies setzt voraus, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt jedoch nicht im Fall einer berechtigten, außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Diese Härtefallgründe können divers sein, allerdings spielen häufig auch gesundheitliche Gründe eine tragende Rolle.

Wie kann der Mieter seinen gesundheitlichen Härtefall nachweisen?

Im Rahmen es Räumungsverfahrens aufgrund der Kündigung des Mieter, beispielsweise wegen Eigenbedarfs des Vermieters, muss der Mieter zu seinen individuellen Härtefallgründen – sofern solche vorliegen – stichhaltig vortragen.

Der BGH hat die Anforderungen an den Vortrag nunmehr für die Mieter erleichtert. Er stellt klar, dass durch die Vorlage eines (ausführlichen) fachärztlichen Attests der Vortrag zwar untermauert werden kann, aber nicht stets muss. Im Einzelfall kann auch eine (ausführliche) Stellungnahme eines medizinisch qualifizierten Behandlers ausreichend und sachdienlich sein, um das eigene Beschwerdebild fundiert darzulegen. Entscheidend sind die konkreten Umstände und insbesondere der konkrete Inhalt des Attest, welches idealerweise auch ausführlich sein sollte.

Dies stellt für viele Mieter eine große Erleichterung dar, da für vielen auch nicht die Möglichkeit besteht – insbesondere unter dem Zeitdruck eines laufenden Verfahrens – ein ausführliches fachärztliches Gutachten einzuholen.

Bedeutung für den Mieter – Sachverständigengutachten kommt in Betracht

Kommt der Mieter seinem Sachvortrag hinreichend substantiiert nach, dass der Umzug für ihn schwere und ernsthafte gesundheitliche Nachteile befürchten lassen, so wird das zuständige Gericht regelmäßig dazu angehalten sein, ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen.

Der Gutachter wird dann zu prüfen haben, welcher Art, Umfang und konkrete Auswirkung die beschriebene Erkrankung auf die Lebensführung des Mieters allgemein hat. Im Speziellen wird zu begutachten sein,  welche Auswirkungen des Verlusts der Wohnung zu befürchten sind.

Die Kanzlei Daryai & Kuo Rechtsanwälte und Notar haben die betroffene Mietpartei in diesem konkreten Fall durch zwei Instanzen bis zum Bundesgerichtshof begleitet und begrüßen die errungene  Konkretisierung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Helena Winker-Wälde

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht

Sie können unter der Telefonnummer +49 7721 996 9888 einen Termin mit Frau Rechtsanwältin Winker-Wälde vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihr über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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