Indexklausel überraschend und intransparent
Die Vereinbarung einer Indexmiete ist für die Wohnraummiete in § 557b BGB geregelt. Handelt es sich bei der Indexklausel zudem um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), gelten die Anforderungen der §§ 305 ff. BGB. Dazu gehört, dass eine Indexklausel klar und verständlich formuliert sein muss. Doch wann ist eine Indexklausel überraschend und intransparent und wird somit nicht Vertragsbestandteil? Hierzu hat das LG Berlin II entschieden.
Der Ausgangsstreit – Mieterin beanstandet Mieterhöhung wegen überraschender Indexklausel
Die Parteien waren über einen Mietvertrag für eine Wohnung miteinander verbunden. Unter „§ 16 Sonstige Vereinbarungen“ war in Punkt 4.4 geregelt: „Mieter und Vermieter vereinbaren eine Indexmiete gemäß § 557b BGB“.
Mit Schreiben vom 16.05.2023 erhöhte die Vermieterin die monatliche Miete. Daraufhin erhoben die Mieter Klage auf Feststellung, dass sich die Miete nicht ab dem 01.07.2023 erhöht habe. Sie sind der Ansicht, die Klausel sei schon wegen ihrer Platzierung überraschend und genüge zudem nicht den Voraussetzungen des § 557b BGB. Das Amtsgericht (AG) Schöneberg entschied, dass sich die Miete nicht erhöht habe. Die Klausel sei bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht Vertragsbestandteil geworden.
Dagegen legte die Vermieterin Berufung ein.
Die Entscheidung – Wann ist eine Indexklausel überraschend und intransparent?
Das LG beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen. Diese habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg; die Sache habe weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordere sie eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Auch eine mündliche Verhandlung sei nicht geboten.
Die Mietanpassung vom 16.05.2023 sei unwirksam. Die Indexklausel verstoße als AGB gegen § 305c Abs. 1 BGB. Danach werden überraschende Klauseln, also solche, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.
Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Platzierung an unerwarteter Stelle können sie zu einer überraschenden Klausel machen, so das LG. Denn auch versteckte Klauseln können abweichende Erwartungen des Vertragspartners wecken.
Überraschende Klausel wegen irreführender Stellung im Mietvertrag
Zwar sei es grundsätzlich unerheblich, an welcher Stelle des Klauselwerks eine Bestimmung steht, da alle Bestimmungen gleichermaßen bedeutsam sind. Ein Überraschungseffekt könne sich jedoch dann ergeben, wenn die Klausel in einem systematischen Zusammenhang auftauche, in dem der Vertragspartner sie nicht erwarte, etwa unter einer irreführenden Überschrift. Denn Überschriften und Gliederungen dürften vom Vertragspartner ernst genommen werden. Auch eine fehlende drucktechnische Hervorhebung könne eine Klausel überraschend machen, wenn eine solche Hervorhebung zu erwarten wäre, so das LG.
Im konkreten Fall befand sich die Vereinbarung einer Indexmiete nicht in § 3 des Mietvertrages („Miete und Nebenkosten“), sondern in § 16 „Sonstige Vereinbarungen“. Dort sind in den Ziffern 1–3 lediglich formelle Aspekte geregelt. Eine Klausel zur Miethöhe passt dort nicht hin und ist daher überraschend. Wenn sie schon nicht in § 3 steht, hätte dort zumindest ein Hinweis auf ihren Standort erfolgen müssen, so das LG. Die Tatsache, dass es sich um die letzte Vereinbarung vor den Unterschriften handelte, ändere daran nichts.
Darüber hinaus verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Sie verweist lediglich auf § 557b BGB, ohne den Inhalt näher zu erläutern. Ein bloßer Gesetzesverweis sei für Verbraucher intransparent, da er das Verständnis ohne Rechtskenntnisse oder Einholung juristischen Rats nicht ermögliche. Die vorliegende Klausel sei daher laut LG unwirksam. Insbesondere fehle der Hinweis auf den maßgeblichen Anknüpfungspunkt der Preisanpassung: den vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland. Dass dieser in Wohnraummietverträgen zwingend die Grundlage einer Indexmiete bildet, ändere daran nichts.
Ob es zusätzlich bereits an einer wirksamen Einigung über den wesentlichen Inhalt der Indexmiete fehle, insbesondere über die zulässigen Abstände von Mieterhöhungen, da § 557b Abs. 2 S. 1 BGB nur Mindestvorgaben enthält, könne hier dahinstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine Klausel über die Vereinbarung einer Indexmiete jedoch nicht deshalb intransparent, weil sie den Anknüpfungspunkt der Wartefrist des § 557b Abs. 2 S. 1 BGB nicht ausdrücklich nennt. Danach muss die Indexmiete jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Diese Frage der Einhaltung dieser Wartefrist wird aber laut BGH erst mit der Erhöhungserklärung relevant. Die Wartefrist ist eine gesetzliche Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderungserklärung, nicht jedoch für Vereinbarung einer Indexmiete.
Praxistipp – Lassen Sie sich zur wirksamen Vereinbarung einer Indexmiete beraten
§ 557b BGB regelt die Indexmiete für Wohnraum, nicht aber für Gewerberaummietverträge. Wird eine Indexklausel, wie hier, als AGB vereinbart, kann sie nach §§ 305 ff. BGB von Anfang an unwirksam sein und wird dann gar nicht Vertragsbestandteil. Vermieter sollten daher unbedingt darauf achten, dass die Klausel sowohl transparent als auch an der richtigen Stelle im Vertrag formuliert ist. Gerne können wir Sie hierzu rechtsanwaltlich beraten.
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- Einen Überblick über das Thema Indexmiete finden Sie in diesem Beitrag.
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine wirksame Vereinbarung der Indexmiete vorliegt? Ein Urteil des BGH gibt Aufschluss.
- Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
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