Schriftformerfordernis für Betriebskostenerhöhung
Befristete Mietverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, müssen gemäß § 550 BGB die Schriftform erfüllen. Wird dieses Schriftformerfordernis nicht eingehalten, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von jeder Partei ordentlich gekündigt werden. Dabei ist zu beachten: Seit dem 01.01.2025 gilt in der Gewerberaummiete jedoch eine gesetzliche Neuerung: Nach § 578 Abs. 1 S. 1 BGB ist nunmehr die Textform ausreichend. Die Reform soll die Vertragsgestaltung erleichtern. Es stellt sich jedoch immer noch die Frage, welche Vertragsinhalte die Schrift- bzw. Textform wahren müssen. Und gilt das (bisherige) Schriftformerfordernis auch für eine nachträgliche Betriebskostenerhöhung? Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Der Ausgangsstreit – Änderung der Betriebskostenvorauszahlungen
Die Parteien waren über einen Mietvertrag für Gewerberäume miteinander verbunden. Das Mietverhältnis bestand ursprünglich zwischen einem früheren Vermieter und dem Mieter. Die aktuellen Vermieter traten nach dem Erwerb des Grundstücks in die Vermieterstellung ein. Der frühere Vermieter hatte die im Ursprungsmietvertrag vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen erhöht, allerdings nicht schriftlich. Die neuen Vermieter beriefen sich darauf, dass die Erhöhung gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB verstoße. Der Vertrag sei daher als auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen, sodass eine ordentliche Kündigung möglich sei.
Nach der Klage der Vermieter und den entsprechenden Entscheidungen des Landgerichts (LG) und des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz legte der Mieter gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim BGH ein.
Die Entscheidung – Gilt das Schriftformerfordernis des § 550 BGB auch für eine Betriebskostenerhöhung?
Die Beschwerde ist nicht begründet, so der BGH. Er bestätigt die Auffassung des OLG Koblenz, dass eine einvernehmliche und dauerhafte Erhöhung der im Ursprungsvertrag vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen eine wesentliche Vertragsänderung darstelle. Diese unterliege dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB.
Wie der BGH unter Verweis auf seine früheren Entscheidungen feststellt, ist jede Änderung der Miete, unabhängig von ihrer relativen oder absoluten Höhe, eine wesentliche Vertragsänderung, sofern sie für mehr als ein Jahr gilt und nicht jederzeit widerrufen werden kann. Dies gelte gleichermaßen für Betriebskostenvorauszahlungen. Diese seien Bestandteil der Miete im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Das Schriftformerfordernis diene dem Schutz potenzieller Grundstückserwerber, die sich über bestehende Vertragsbedingungen, insbesondere die Miethöhe, zuverlässig informieren können sollen. Das gelte sowohl für Erhöhungen als auch für Herabsetzungen der Vorauszahlungen.
Zudem stellt der BGH klar, dass eine Mietvertragspartei sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB grundsätzlich rechtsmissbräuchlich verhält, wenn sie den Schriftformverstoß gegen eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr vorteilhaft ist, nutzt, um sich von einem ihr lästig gewordenen Mietvertrag zu lösen. Denn § 550 BGB diene dem Schutz eines Dritten (möglicher Grundstückserwerber) und nicht ihr.
Dies gelte jedoch nicht für den Erwerber des Grundstücks, der gemäß § 566 Abs. 2 BGB in die Vermieterstellung eingerückt ist, so der BGH. Dieser könne sich grundsätzlich auch dann auf den Formmangel des Mietvertrages berufen, wenn dies dem früheren Vermieter selbst nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre. Unabhängig davon, ob dies den Erwerber rechtlich und wirtschaftlich begünstigt. Denn Rechtsmissbrauch sei nur beim früheren Vermieter anzunehmen. Dieser habe an der schriftformschädlichen Änderungsvereinbarung selbst mitgewirkt und wolle zugleich aus dem von ihm mitverursachten Formmangel noch weitere Vorteile ziehen. Dieser Vorwurf könne gegenüber dem Erwerber nicht erhoben werden.
Praxistipp – Im Zweifel stets Einhaltung der Schriftform oder Textform
Der Zweck des § 550 BGB liegt im Schutz des Erwerbers: Er soll anhand der Urkunden erkennen können, welche wesentlichen Vertragsbedingungen bestehen. Daher müssen alle Vereinbarungen, die nicht nur nebensächliche Regelungen betreffen, der Schrift- bzw. Textform genügen. Hierzu zählen auch Betriebskostenvorauszahlungen, wie die Entscheidung zeigt.
Mit der Gesetzesänderung zum 01.01.2025 gilt für Gewerberaummietverhältnisse nach § 578 Abs. 1 S. 1 BGB nur noch das Erfordernis der Textform gemäß § 126b BGB. Vertragsabschlüsse und -änderungen sind so auch per E-Mail oder PDF möglich. Dennoch sollte weiterhin auf eine klare und nachvollziehbare Nachtragsgestaltung geachtet werden. Nach überwiegender Ansicht muss nämlich auch bei der Textform die Urkundeneinheit gewahrt bleiben. Das bedeutet, dass ein Nachtrag zwar in Textform abgeschlossen werden kann, dabei muss jedoch die formale und inhaltliche Zusammengehörigkeit zum Hauptvertrag gewahrt bleiben.
Ein Schriftformverstoß kann für Mietende zwar eine Möglichkeit darstellen, sich von einem unliebsam gewordenen Mietvertrag zu lösen. Wer das Mietverhältnis fortsetzen möchte, sollte jedoch jede Vertragsänderung, auch nach der Reform, in nachweisbarer Form dokumentieren und sich im Zweifel rechtlich beraten lassen.
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