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Widerruf eines Mietaufhebungsvertrags

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Beschluss // Landgericht Berlin II // 67 S 213/24

Wenn Mietende und Vermietende das Mietverhältnis einvernehmlich beenden wollen, greifen sie häufig zum Mietaufhebungsvertrag. Doch was gilt, wenn Mietende ihre Entscheidung später bereuen und den Vertrag widerrufen möchten? Müssen die Vermietenden dann die eventuell bereits gezahlte Prämie für die Beendigung zurückfordern? Dies ist nicht einfach zu beantworten. Insbesondere im Verhältnis Wohnraumvermietende und Wohnraummietende stellt sich die Frage, ob Verbraucherschutzvorschriften greifen. Das Landgericht (LG) Berlin hat nunmehr zu der folgenden Frage entschieden: Ist der Widerruf eines Mietaufhebungsvertrags als Fernabsatz- oder Haustürgeschäft möglich?

Der Ausgangsstreit – Mieter widerrufen den Mietaufhebungsvertrag

Die Parteien waren über einen Mietvertrag für eine Wohnung miteinander verbunden. Am 29.06.2023 schlossen sie einen Mietaufhebungsvertrag. Diesen wollten die Mieter widerrufen. Die Vermieterin klagte daraufhin auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Nachdem das Amtsgericht (AG) Spandau die Mieter zur Räumung verurteilt hatte, legten diese Berufung ein.

Widerruf eines Mietaufhebungsvertrags

Die Entscheidung – Ist der Widerruf eines Mietaufhebungsvertrags möglich?

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, so das LG Berlin. Die Vermieterin habe gegen die Mieter einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung aufgrund der Mietaufhebungsvereinbarung vom 29.06.2023.

Ein Recht der Mieter zum Widerruf dieser Vereinbarung bestehe weder nach § 355 Abs. 1 BGB, noch aus einer anderen gesetzlichen Vorschrift oder aus der getroffenen Vereinbarung selbst. Beide Parteien seien an die Einhaltung ihrer Pflichten aus dem Mietaufhebungsvertrag gebunden. Der Mietaufhebungsvertrag falle nicht unter den Anwendungsbereich des § 312 Abs. 1 BGB, der die Voraussetzung für das Bestehen eines Widerrufsrechts normiert. Denn § 312 Abs. 1 BGB verlangt ausdrücklich die „Zahlung eines Preises“. Eine solche liege hier laut LG Berlin jedoch nicht vor, da die Verpflichtung der Mietenden zur Räumung der Wohnung keine „Zahlung eines Preises“ darstelle.

Die „Zahlung eines Preises“ im Sinne des § 312 Abs. 1 BGB setze vielmehr voraus, dass Verbraucher einen Geldbetrag leisten, um eine Ware, Dienstleistung oder andere Leistung zu erhalten. Erfasst seien zudem Gegenleistungen, denen nach Verkehrsauffassung oder Vereinbarung der Parteien eine Zahlungsfunktion zukomme, also bezifferte Leistungen, die als Hingabe eines Wertes anzusehen sind. Daran fehle es bei der bloßen Verpflichtung zur Räumung der Wohnung. Zwar entstehe der Vermieterin ein wirtschaftlicher Vorteil, dieser sei jedoch nicht beziffert. Ein Widerrufsrecht bestehe daher nicht, so das LG Berlin.

Praxistipp – Mietaufhebungsvertrag sorgfältig prüfen

Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) wird Vermietenden weiter zu raten sein, Mietende bei Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags vorsorglich über ein mögliches Widerrufsrecht zu belehren. Gerade in der Wohnraummiete sind, mit Ausnahme großer Vermietender mit eigenen Büros vor Ort, fast immer die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts erfüllt.

Die Auffassung des LG Berlin zur „Zahlung eines Preises“ überzeugt zwar, dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der BGH künftig anders entscheidet. Sollte der Widerruf möglich sein, hätte dies katastrophale Auswirkungen für Vermietende: 1. Erheblicher Zeitverlust im Falle einer Kündigung, da die Kenntnis des fehlenden Willens zum Auszug erst mit dem Widerruf erlangt wird; 2. Rückforderungsprobleme, etwa wenn eine (oder ein Teil der) Auszugsprämie bereits gezahlt wurde und nun zurückverlangt werden muss.

Mietende sollten sich vor Unterzeichnung eines Mietaufhebungsvertrags darüber im Klaren sein, ob sie tatsächlich ausziehen möchten und sich zudem ausführlich über die rechtlichen Konsequenzen beraten lassen, da eventuell keine Möglichkeit besteht, den Vertrag im Nachhinein zu widerrufen.

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  1. Ist der Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags und damit das Ausscheiden aus dem Mietverhältnis auch konkludent möglich? Hiermit hat sich das LG Berlin in einem Urteil zum Mieterwechsel beschäftigt.
  2. Ist der Widerruf der Zustimmung zu einer Mieterhöhung möglich? Ein Urteil des AG Spandau gibt Aufschluss.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

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