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Schadensersatz ohne vorherige Fristsetzung

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Amtsgericht Schöneberg // 17 C 33/24

Grundsätzlich obliegt die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen den Vermietenden. Sie können diese allerdings durch den Mietvertrag auf die Mietenden abwälzen. Wenn Mietende trotz wirksamer Übertragung Schönheitsreparaturen dann nicht durchführen, können die Vermietenden die Kosten für die Durchführung als Schadensersatz verlangen. Doch was gilt für den Fall, dass Vermietende Schadensersatz verlangen, ohne eine vorherige Fristsetzung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen durch die Mietenden? Hierzu hat das Amtsgericht (AG) Schöneberg entschieden.

Der Ausgangsstreit – Vermieter fordern Zahlung von Schadensersatz für Renovierung der Wohnung nach Mietende

Die Parteien waren über einen Mietvertrag für eine 6-Zimmer-Wohnung miteinander verbunden. Laut § 8 Ziff. 2 Mietvertrag haben die Mieter die Schönheitsreparaturen zu tragen. Außerdem steht im Mietvertrag, dass die Mieter die Wohnung im renovierten Zustand übernehmen. Die Mieter kündigten mit Wirkung zum 31.08.2023. Bei Begehung der Wohnung wurde ein erstes Übergabeprotokoll erstellt. Darin wurde vermerkt, dass die Wohnung nicht renoviert wurde und noch einige Arbeiten (Dübellöcher, Putzarbeiten, bestimmte Stellen streichen) erfolgen sollten. Bei einem zweiten Übergabetermin am 08.09.2023 erstellten die Parteien ein weiteres Übergabeprotokoll, in dem weitere Mängel festgehalten wurden (beschmutzte und bemalte Wände, bemalte Fensterbank, beschädigte Kammertür, beklebte Tür).

Die Vermieter beauftragten daraufhin verschiedene Firmen mit der Renovierung der Wohnung sowie der Ausführung von Reparaturarbeiten an den Küchenmöbeln, der Entsorgung von Gegenständen aus dem Keller sowie weiteren Arbeiten. Mit Schreiben vom 10.01.2024 forderten die Vermieter die Mieter erfolglos zur Zahlung eines Mietausfallschadens für die Monate September bis Dezember 2023 in Höhe von 8.360 ,00 € sowie zur Zahlung der Rechnungen für die Wohnungsrenovierung auf. Schließlich erhoben die Vermieter Klage. Mit dieser verfolgten sie ihr Zahlungsbegehren weiter und machten Mietausfallschaden für September und Oktober 2023 geltend. Sie sind der Meinung, bei Vertragsbeginn sei die Wohnung frei von Mängeln übergeben worden und sie habe sich bei Rückgabe in einem desolaten Zustand befunden.

Die Mieter sind der Meinung, die Wohnung sei bei Einzug nicht renoviert gewesen. Sie hätten diese daher nach Einzug mit Kosten in Höhe von ca. 20.000,00 € renovieren lassen. Weiter fehle es an einer wirksamen Fristsetzung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen. Außerdem hätten die Mieter die Arbeiten durchgeführt, auf die man sich im Übergabeprotokoll geeinigt habe.

Schadensersatz ohne vorherige Fristsetzung

Die Entscheidung – Kann auch ohne vorherige Fristsetzung ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen?

Die Klage ist zulässig und nur teilweise begründet, so das AG. Die Vermieter haben gegen die Mieter einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.495,00 € wegen der nicht durchgeführten Arbeiten in der Wohnung.

Die Vermieter haben allerdings keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB i.V.m. § 8 Ziff. 2 des Mietvertrages wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen. Auf die Frage, ob die gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB die Vermieter treffende Hauptleistungspflicht wirksam auf die Mieter übertragen wurde, komme es nicht an, so das AG. Es fehle bereits an der für den Schadensersatz erforderlichen Fristsetzung. Die Vermieter hätten die Mängel im Einzelnen aufzeigen und die Mieter unter Fristsetzung zu deren Beseitigung auffordern müssen. Es könnte zwar eine endgültige Erfüllungsverweigerung, welche zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung führen würde, darin vorliegen, dass die Mieter die Frist im ersten Übergabeprotokoll ungenutzt verstreichen ließen. Es fehle hier laut AG jedoch an der für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen detaillierten Auflistung konkreter Renovierungsarbeiten und der darauf bezogenen Fristsetzung.

Außerdem komme es auf die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen im Sinne von § 8 Ziff. 2 Mietvertrag ohnehin nicht mehr an. Komme es zu Übergabeverhandlung mit Zustandsfeststellung, sei deren rechtlicher Gehalt durch Auslegung des Einzelfalls zu ermitteln, so das AG. Die Parteien haben sich hier durch das erste Übergabeprotokoll auf bestimmte Arbeiten geeinigt, nämlich „Dübellöcher, Reinigung (besenrein), Putzausbesserungen und an den betreffenden Stellen malern/säubern“. Vereinbart sei daher gerade nicht die Renovierung der gesamten Wohnung aufgrund vertragsgemäßen Gebrauchs gewesen. Das Streichen und das Säubern wurden nur für „betreffende Stellen“ vereinbart. Es liege eine Festlegung auf bestimmte Pflichten bzw. Arbeiten der Mieter vor. Diese Festlegung sei laut AG in der Regel als Verzicht auf andere möglicherweise aus der Zustandsbeschreibung folgende Ansprüche zu sehen.

Mietende sind verpflichtet, die Wohnung in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu erhalten

Allerdings stehe den Vermietern ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 249, 421 BGB i.V.m. den Übergabeprotokollen zu, so das AG. Schäden an der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten Mietender entstanden sind, können als Schadensersatz neben der Leistung entweder durch Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder durch Geldzahlung (§ 249 Abs. 2 BGB) von den Mietenden zu ersetzen sein. In diesen Fällen bedürfe es auch keiner vorherigen Fristsetzung. Denn gemäß § 538 BGB sind Mietende verpflichtet, die ihnen überlassene Wohnung in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu erhalten. Die Räume sind schonend und pfleglich zu behandeln und die Mietenden haben alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann.

Zudem stehe den Vermietern laut AG ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 832 Abs. 1 BGB zu. Denn bei der Beschädigung von Sachen, soweit sie nicht unmittelbarer Leistungsgegenstand sind, können vertragliche und deliktische Ersatzansprüche nebeneinander bestehen.

Grundsätzlich gilt zwar, dass Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, von den Mietenden nicht zu vertreten sind. Sachbeschädigungen wie Kritzeleien an Wänden und auf Fensterbrettern gehören laut AG aber nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch. Auch dann nicht, wenn die Wohnung von Kindern sowie Kindern mit geistiger Behinderung bewohnt werde. Im vorliegenden Fall sei zudem nicht ersichtlich, dass die Mieter die Nachfrist überhaupt für die Erledigung von Arbeiten genutzt hätten. Als Beweis führt das AG an, dass die in den Übergabeprotokollen notierten Zählerstände der Stromzähler identisch sind. Es wurde kein für eine Renovierung notwendiger Stromverbrauch mehr festgestellt.

Die Mieter müssen demnach für Schäden an den bemalten Wänden und der Fensterbank, der sach- und fachgerechten Beseitigung von Dübellöchern, der beschädigten Kammertür und der beklebten Tür einstehen, so das AG. Den Vermietern stehen jedoch keine darüberhinausgehenden Ansprüche zu. Das Argument der Vermieter, es hätte so viele Schäden gegeben, dass diese nicht im Einzelnen hätten protokolliert werden können, wird vom AG zurückgewiesen. So handele es sich beim ersten Übergabeprotokoll im Wesentlichen um den Verzicht auf umfangreiche Schönheitsreparaturen, beim zweiten um die Feststellung weiterer Sachbeschädigungen.

Anspruch auf Mietausfallschaden nur bei Vorenthaltung der Mietsache

Schließlich haben die Vermieter auch keinen Anspruch auf Zahlung eines Mietausfallschadens für September und Oktober 2023, so das AG. Gemäß § 546a Abs. 1 BGB können Vermietende für die Dauer der Vorenthaltung eine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn die Mietenden die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgeben. „Vorenthaltung“ liege allerdings nur dann vor, wenn die unterlassene Rückgabe dem Willen der Vermietenden widerspreche. Führen Mietende aber nach Mietende im Einverständnis mit den Vermietenden Renovierungs-, Rückbau- oder Instandsetzungsarbeiten durch, so sei § 546a Abs. 1 BGB nicht anwendbar.

Auch nach §§ 280, 281, 286, 252 BGB könne kein Mietausfallschaden geltend gemacht werden. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor, wenn sich die Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe in einem vertragswidrigen Zustand befindet, die Weitervermietung aus diesem Grund scheitert und den Vermietenden deshalb ein Mietausfall entsteht. Allerdings müssen die Vermietenden dies im Streitfall darlegen und beweisen. Das heißt, der vertragswidrige Zustand der Mietsache muss ursächlich dafür geworden sein, dass die Räume für eine bestimmte Zeit nicht weiterzuvermieten waren. Die Vermieter hätten das hier durch Nennung konkreter Mietinteressenten belegen können oder sie hätten darlegen müssen, wie sie sich um die Weitervermietung bemüht haben und dass diese am nicht vertragsgemäßen Zustand der Mietsache gescheitert ist. Dies wurde von den Vermietern hier nicht dargelegt, so das AG. Zudem waren ihre Arbeiten bereits am 22.09.2023 abgeschlossen. Es bestehe kein Anspruch auf Mietausfallschaden.

Praxistipp – Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel prüfen

Die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen liegt bei den Vermietenden. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) können Schönheitsreparaturen aber auf die Mietenden abgewälzt werden. Solche Schönheitsreparaturklauseln können unwirksam sein. Dies muss je nach Einzelfall überprüft werden, aber beispielsweise starre Renovierungsfristen sind unwirksam (s. auch Unwirksame Schönheitsreparaturklauseln in Mietverträgen). Wenn eine wirksame Übertragung auf die Mietenden vorliegt und die Mietenden diese aber trotzdem nicht durchführen, sollten Vermietende diesen unbedingt zunächst eine Frist zur Durchführung setzen. Erst nach Ablauf der Frist sollten sie Schönheitsreparaturen selbst durchführen und anschließend Schadensersatz fordern.

Häufig verlangen Vermietende einen Mietausfallschaden, wenn nach Mietende noch Arbeiten in den Mieträumen durchgeführt werden müssen. Das ist aber kein Automatismus, wie das Amtsgericht Schöneberg in seiner Entscheidung feststellt. Vielmehr müssen Vermietende beweisen, dass sie das Mietobjekt tatsächlich hätten vermieten können.

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  1. Weitere Beiträge zum Thema Schönheitsreparaturen finden Sie hier.
  2. Wann ist eine Fristsetzung wegen Beschädigung der Mietsache erforderlich? Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt Aufschluss.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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