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Anwendung Mietspiegel auf WG-Zimmer

  • RA Daryai
  • Mieten Urteile, Wohnraummietrecht Urteile
Urteil // Amtsgericht Berlin-Mitte // 16 C 217/22

Möchten Vermietende in Berlin eine Wohnung neu- oder wiedervermieten, müssen sich bei der Miethöhe an der Mietpreisbremse orientieren. Das heißt sie müssen sich in der Regel an die, nach dem Berliner Mietspiegel berechnete, ortsübliche Vergleichsmiete halten. Wie hoch die Miete danach im Einzelfall sein darf, lässt sich nicht immer leicht bestimmen, weswegen der Streit darüber häufig die Berliner Gerichte beschäftigt. Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat nunmehr zu der folgenden Frage entschieden: Findet der Berliner Mietspiegel auch Anwendung auf WG-Zimmer?

Der Ausgangsstreit – Vermieterin erhebt Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung

Die Parteien sind seit dem 01.03.2018 über einen Mietvertrag für ein WG-Zimmer miteinander verbunden. Dabei handelt es sich um ein 24,56 m² großes Zimmer in einer 126,00 m² großer Wohnung mit 52,29 m² Gemeinschaftsflächen. In der Wohnung leben noch zwei weitere Mitbewohner, welche die Mieterin sich nicht selbst ausgesucht hat.

Seit dem Beginn des Mietverhältnisses war für das Zimmer eine Kaltmiete von 315,00 € vereinbart. Mit Schreiben vom 18.02.2022 verlangte die Vermieterin die Zustimmung zur Mieterhöhung auf 362,46 €. Sie legte dem mehrere Vergleichswohnungen sowie den Berliner Mietspiegel 2021 zugrunde. Schließlich erhob sie Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung.

Anwendung Mietspiegel auf WG-Zimmer

Die Entscheidung – Wie kann eine Mieterhöhung für ein WG-Zimmer unter Anwendung des Berliner Mietspiegels erfolgen?

Die Vermieterin habe einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 BGB, so das Amtsgericht Berlin-Mitte. Unter Anwendung des Berliner Mietspiegels 2021 betrage die ortsübliche Vergleichsmiete 8,68 €/m². Daraus ergebe sich eine zulässige monatliche Kaltmiete von 362,25 €. Die berechnete Vergleichsmiete von 364,56 € sei zudem aufgrund der Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB i.V.m. der Kappungsgrenzenverordnung Berlin auf 115 % der bisherigen Miete zu deckeln.

Der Berliner Mietspiegel sei geeignet, für die streitgegenständliche Mietsache die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen. Die Tatsache, dass die Wohnung Zimmer für Zimmer vermietet werde, stelle keinen sachlichen Grund für die Nichtanwendung des Mietspiegels dar (s. auch LG Berlin, Beschluss vom 11.07.2022 – 64 S 89/21).

Im vorliegenden Fall sei das Feld K1, also die Einordnung in den Bereich von Wohnungen über 90 m², bei der Anwendung des Berliner Mietspiegels maßgeblich, so das Amtsgericht. Denn für die Bestimmung des Mietspiegelfeldes sei die Wohnfläche der gesamten Wohnung zugrunde zu legen. Die Anmietung eines einzelnen Zimmers mit gemeinsam genutzten Flächen sei vom Komfort her nicht gleichzusetzen mit einer Einzimmerwohnung (Mietspiegelgruppen A bis C), wo höhere Mieten verlangt werden können. Es sei hier von den gesamten 126 m² auszugehen.

Das Amtsgericht führt weiter aus, dass die Merkmalgruppen 1-4 des Berliner Mietspiegels (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude) positiv zu bewerten seien. Allein die Merkmalgruppe 5, Wohnumfeld, sei negativ zu bewerten, da es sich um eine besonders lärmbelastete Lage handele. Dem stehe auch kein Positivmerkmal, wie ein aufwändig gestaltetes Wohnumfeld, gegenüber.

Gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung ist nicht automatisch als negatives Merkmal zu bewerten

Dem Argument der Mieterin, die Gemeinschaftsräume seien allein deshalb negativ zu bewerten, weil sie diese mit zwei Personen teilen müsse, wird von Seiten des Amtsgerichts nicht gefolgt. Die Orientierungshilfe für die Spanneinordnung des Berliner Mietspiegels 2021 lege objektive Merkmale fest, die als wohnwertmindernd oder wohnwerterhöhend gelten. Auf die konkrete Zusammensetzung der Personen in der Wohnung komme es hierbei nicht an. Der Vorteil eines großen Bades beispielsweise komme jeder Person, die es benutze, zugute. Unabhängig davon, ob sie alleine lebe oder die Wohnung teile. Andernfalls wäre jede gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung, also auch von Paaren oder einer Familie, als potentiell negativ zu bewerten.

Das Teilen der Gemeinschaftsflächen finde bereits Berücksichtigung bei der Bestimmung der Wohnfläche. Schließlich würde auf die der Quadratmeterpreis angewendet werden. Die vorliegend ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete von 8,68 €/m² sei auf eine Wohnfläche von 42 m² anzuwenden. Die setze sich zusammen aus dem Zimmer mit 24,56 m² und dem Anteil an der Gemeinschaftsfläche von 17,43 m². Der Anteil an der Gemeinschaftsfläche ergibt sich, indem man diese durch die Anzahl der Personen, die sie benutzen (also in der Wohnung leben) teilt.

Praxistipp – Für Einordnung in Berliner Mietspiegel ist die Fläche der gesamten Wohnung zugrunde zu legen

Auch bei WG-Zimmern müssen Mietende damit rechnen, dass der Berliner Mietspiegel angewendet werden kann. Aber Achtung! Wie das Urteil zeigt, ist für die Einordnung in den Mietspiegel  die Wohnfläche der gesamten Wohnung zugrunde zu legen. Erst nach Berechnung des Quadratmeterpreises ist dieser wiederum auf die tatsächlich genutzte Fläche anzuwenden, also auf die Zimmergröße zuzüglich Anteil an der Gemeinschaftsfläche.

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  1. Auch das LG Berlin hat sich in einem Urteil aus dem Jahr 2023 mit der zulässigen Miethöhe eines WG-Zimmers beschäftigt.
  2. Weitere Beiträge zum Thema Wohngemeinschaften finden Sie hier.
  3. Weitere Informationen zu der Entscheidung finden Sie hier.
Nima Armin Daryai

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Herr Rechtsanwalt Daryai berät Sie zu den Themen Gewerberaummietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Arbeitsrecht.

Sie können unter der Telefonnummer +49 (0)30 460 64 794 einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Daryai vereinbaren. Oder aber Sie schreiben ihm über unser Kontaktformular eine E-Mail.

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